Befangenheitsantrag im Strafprozess – Wenn Richter nicht mehr neutral erscheinen

von | Okt. 30, 2025 | 0 Kommentare

Einleitung

Die Unparteilichkeit des Gerichts ist ein Grundpfeiler jedes rechtsstaatlichen Strafverfahrens.
Doch was passiert, wenn Zweifel an der Neutralität eines Richters aufkommen?
In solchen Fällen bietet das Strafprozessrecht mit dem Befangenheitsantrag ein wirksames Instrument, um die Verfahrensgerechtigkeit zu sichern. In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Was ein Befangenheitsantrag ist
  • Wann er zulässig und erfolgreich ist
  • Wie er gestellt wird
  • Welche strategischen Überlegungen eine Rolle spielen

Was ist ein Befangenheitsantrag? Ein Befangenheitsantrag ist ein formeller Antrag, mit dem ein Verfahrensbeteiligter – in der Regel die Verteidigung oder Staatsanwaltschaft – die Ablehnung eines Richters oder Schöffen wegen Besorgnis der Befangenheit beantragt. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 24 StPO. Dort heißt es:

  • „Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.“

Es kommt also nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist – der „böse Schein“ genügt.

Wann ist ein Befangenheitsantrag gerechtfertigt? Ein Befangenheitsantrag ist dann zulässig, wenn objektive Umstände vorliegen, die aus Sicht eines verständigen Angeklagten Zweifel an der Neutralität des Richters begründen. Beispiele:

  • Vorzeitige Festlegung auf Schuld oder Strafe (z. B. durch Äußerungen im Verfahren)
  • Unverhältnismäßige Maßnahmen gegen die Verteidigung
  • Verweigerung rechtlich gebotener Anträge
  • Persönliche Beziehungen zu Verfahrensbeteiligten
  • Verletzung der Unschuldsvermutung, etwa durch suggestive Fragen oder Bewertungen

➡ Praxisbeispiel: Im Fall Christina Block wurde ein Befangenheitsantrag gestellt, weil das Gericht Beweismittel zuließ, die nicht ordnungsgemäß beschlagnahmt worden waren – und dabei eine Formulierung wählte, die auf eine vorzeitige Schuldvermutung hindeutete.

Wie wird ein Befangenheitsantrag gestellt? Ein Befangenheitsantrag muss:

  • schriftlich oder zu Protokoll gestellt werden
  • konkret begründet sein (pauschale Vorwürfe reichen nicht)
  • zeitnah erfolgen, sobald der Grund bekannt ist

Das Gericht entscheidet dann in einem Ablehnungsverfahren, bei dem der betroffene Richter nicht mitwirken darf

Strategische Bedeutung im Strafprozess Ein Befangenheitsantrag kann nicht nur der Wahrung der Verfahrensfairness dienen, sondern auch taktisch sinnvoll sein:

  • Zur Verzögerung des Verfahrens (z. B. bei unzureichender Vorbereitung)
  • Zur Vermeidung belastender Beweismittel
  • Zur Stärkung der Verteidigungsposition

Aber Vorsicht: Missbräuchliche oder unbegründete Anträge können das Vertrauen in die Verteidigung schwächen und sogar prozessuale Nachteile bringen.

Rechtstipps für Mandanten

  1. Dokumentieren Sie Auffälligkeiten Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Richter voreingenommen handelt, notieren Sie konkrete Aussagen oder Verhaltensweisen – idealerweise mit Datum und Kontext.
  2. Sprechen Sie mit Ihrem Strafverteidiger Nur ein erfahrener Anwalt kann beurteilen, ob ein Befangenheitsantrag Aussicht auf Erfolg hat und wie er strategisch eingebettet werden sollte.
  3. Vertrauen Sie auf professionelle Formulierung Ein Befangenheitsantrag muss juristisch präzise und sachlich formuliert sein – emotionale Vorwürfe sind kontraproduktiv.

Fazit Der Befangenheitsantrag ist ein wichtiges Schutzinstrument im Strafprozess. Er sichert die Unparteilichkeit des Gerichts und schützt die Rechte des Angeklagten. Wer Zweifel an der Neutralität eines Richters hat, sollte nicht zögern, sondern rechtzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Ihre Verteidigung beginnt hier Sie haben das Gefühl, nicht fair behandelt zu werden?

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